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Seit Alzheimer 1906 erstmals beschrieben wurde, hat die Forschung bemerkenswerte Fortschritte gemacht. Heute versteht die Medizin die Erkrankung, bei der Betroffene mehr und mehr ihr Gedächtnis und ihre Persönlichkeit verlieren, sehr viel besser als damals. Eine Heilung ist bisher jedoch noch immer nicht möglich. Können neue Alzheimer-Studien Klarheit über das Leiden bringen?
Alzheimer-Ursache noch immer ungeklärt
Ein Hauptproblem in der Alzheimer-Forschung ist, dass sich Mediziner über die Ursachen noch immer nicht einig sind. Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass zwei verschiedene Eiweißablagerungen, die in der Fachsprache Amyloid-ß-Plaques und Tau-Fibrillen genannt werden, für das Absterben von Nervenzellen verantwortlich sind. Diese sollen die Kommunikation der Nervenzellen und ihre Versorgung behindern, wodurch diese mit der Zeit verkümmern. Andererseits gibt es auch Menschen, bei denen viele solcher Ablagerungen festgestellt werden und die trotzdem nicht an Alzheimer erkranken.
Forscher versuchen, Medikamente gegen Beta-Amyloide zu entwickeln und in klinischen Studien zu erproben. Solche Studien sind wichtig, damit Medikamente zur Vorbeugung oder Verlangsamung von Alzheimer eine Zulassung erlangen können, sofern sie sich bewähren.
FAZIT: In der Grundlagenforschung, welche die Entstehung von Alzheimer untersucht, gibt es noch einige ungeklärte Bausteine. Die Wissenschaft bleibt jedoch nicht untätig: Es werden immer wieder neue Studien veröffentlicht, die das Ziel haben, Alzheimer zu ergründen.
Immuntherapie – Schlüssel in der Alzheimer-Forschung?
Ein neuer Ansatz in der Forschung lenkt den Fokus vor allem auf immunologische Prozesse, die bei Alzheimer ablaufen. Der Grund: Forscher aus Chicago stießen bei Versuchen mit Mäusen in den letzten 20 Jahren immer wieder auf einen Zusammenhang zwischen der Arbeit des Immunsystems und der Regeneration der Nervenzellen im Gehirn. Sie vermuten, dass sich das Gehirn mit zunehmendem Alter immer mehr vom Immunsystem abschottet und immer weniger Immunzellen über die Blut-Hirn-Schranke in das Gehirn gelangen. Das könnte dazu führen, dass die oben genannten Eiweißablagerungen entstehen.
Die Hoffnung ist nun, dass dieser Vorgang mithilfe sogenannter Checkpoint-Hemmer verhindert und so Alzheimer-Schädigungen gestoppt oder sogar regeneriert werden können. Bei Checkpoint-Hemmern oder -Inhibitoren handelt es sich um Antikörper, die bisher vor allem in der Krebsbehandlung zum Einsatz kommen und gezielt eine Bremsung der Immunzellen lösen.
Studien, die an Mäusen durchgeführt wurden, lieferten bereits vielversprechende Ergebnisse. Ob sich diese jedoch auf den Menschen übertragen lassen, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen.
FAZIT: Wie bei vielen Krankheiten könnte auch bei Alzheimer das Immunsystem eine Rolle spielen. Welche das ist und ob die Erkrankung durch dieses Wissen behandelt werden kann, ist noch unklar.
Chancen der Früherkennung: Studien zum Thema Alzheimer-Diagnose
Im Bereich der Prävention beschäftigt sich die Forschung mit der Frage, wie Alzheimer möglichst früh diagnostiziert werden kann. Bei etwa der Hälfte aller Patienten lässt sich der Ausbruch der Krankheit mit geeigneten Vorsorgemaßnahmen um bis zu 1,5 Jahre verzögern – die Lebensqualität bleibt länger erhalten. Zukünftig erhofft man sich zudem, Behandlungen bereits ansetzen zu können, bevor es zu irreversiblen Gehirnschädigungen gekommen ist.
Beim Thema Früherkennung hat sich in den letzten Jahren in der Alzheimer-Forschung einiges getan. Neben ausgeklügelten Genprofilen und besseren bildgebenden Verfahren zur Abbildung des Gehirns wurde beispielsweise an der Verbesserung von Blut- und Urintests geforscht.
Ein Professor am Universitätsklinikum München hat zudem ein computergestütztes Verfahren entwickelt, mit dem sich Alzheimer im Frühstadium feststellen lässt. Dieses beruht auf einem selbstlernenden Algorithmus, der verschiedene Diagnoseverfahren kombiniert auswertet. Noch befindet es sich in der Testphase. Es soll jedoch bald in der Praxis angewendet werden.
FAZIT: Die Forschung konnte beim Thema Früherkennung große Fortschritte machen. Das ist wichtig, denn umso eher die Krankheit erkannt wird, umso bessere Möglichkeiten haben Mediziner, den Verlauf hinauszuzögern.